Servus!
Im Jahr 1987 wurde ein von Wolfgang Valousek entwickeltes neues Designkonzept für die Fahrzeuge der ÖBB eingeführt.
-- v2.2 (Einarbeitung diverser Korrekturen, Ergänzung einzelner Bilder), Stand: 16.10.2022 --
halb OT: Lokomotiven
An sich möchte ich hier primär Reisezugwagen thematisieren. Aber zum besseren Verständnis des Design-Gesamtkonzepts ist es hilfreich, auch die Lokomotiven bzw. deren Farbdesigns kurz anzusprechen.
Die bis 1987 gültigen Designvorgaben sahen eine blutorangene (RAL 2002) Lackierung mit drei elfenbeinfarbenen (RAL 1014) Zierstreifen vor. Zuletzt wurden, wie bei den Wagen schon seit 1981/82 üblich, Dach und Rahmen im weniger verschmutzungsempfindlichen Umbragrau (RAL 7022) lackiert.
Als 1987 das Komfortstufen-Design bei den Reisezugwagen eingeführt wurde (siehe unten), erhielten auch die Lokomotiven ein neues Design. Die Grundfarben blutorange (RAL 2002), elfenbein (RAL 1014) und umbragrau (RAL 7022) wurden beibehalten, aber statt den drei dünnen Zierlinien wurde nun ein breiter Zierstreifen, die sogenannte "Bauchbinde", aufgebracht und die Stirnfenster wurden umbragrau umfasst (die sogenannte "Brille").
Je nach Lokreihe gab es teils erhebliche Abweichungen von dieser Lackierungsform (man denke z.B. an die Schachbrett-1044er oder die markant dünnere Bauchbinde etwa bei den 2050ern).
Die Farben blutorange und elfenbein waren bereits lange zuvor nach praktischen Kriterien wie UV-Beständigkeit und Verschmutzungsempfindlichkeit sorgfältig ausgewählt worden. Ende der 80er-Jahre entsprachen sie allerdings nicht mehr ganz dem Zeitgeist, daher suchte man nach moderner wirkenden Farben. Nach verschiedenen Experimenten (1046 023 in blutorange/lichtgrau, HW-Austritt im Mai 1988, sowie 1046 007 in verkehrsrot/kieselgrau, HW-Austritt im Dezember 1988) war die im April 1989 aus der HW ausgetretene 1046 012 vermutlich das erste Fahrzeug in den neuen Standard-Farben verkehrsrot (RAL 3020) und achatgrau (RAL 7038). Diese Farben fanden in weiterer Folge auf verschiedenen Lokreihen Anwendung.
Etwa ein Jahr später, im Mai 1990, tauchte im ersten roten 4010 ein neuer Weiß-Ton auf: RAL 9002 grauweiß. In der Literatur wird verschiedentlich behauptet, dass dieser Farbton fortan grundsätzlich anstelle von achatgrau (RAL 7038) angewendet wurde – tatsächlich wurde RAL 9002 grauweiß bei den Lokomotiven aber nur spärlich verwendet, nämlich nur bei den 1044 241-255 sowie bei den Neubauloks der Reihen 1012 und 1014.
Generell war man mit den verschiedenen Weißtönen nicht besonders konsequent. So wurde beispielsweise bei den 2143ern die Bauchbinde noch bis weit in die 90er-Jahre elfenbein lackiert (der Kasten jedoch bereits ab August 1989 verkehrsrot), achatgrau kam bei dieser Reihe erst ab September 1994 zum Einsatz. Und die 1043 009 erhielt sogar noch im Jahr 2000 eine Neulackierung mit elfenbeinfarbener Bauchbinde.
Bei den letzten 1044ern (ab 256 II) kam abermals ein neuer Farbton zum Einsatz, nämlich das irgendwo zwischen achatgrau und grauweiß angesiedelte NCS 2000.
Und das Valousek-Design wurde bei weitem nicht bei allen Loktypen angewendet. Viele Altbauloks, aber auch die nicht modernisierten 1042er, blieben von der Anwendung des neuen Designs ausgenommen. Für etwaige trotzdem erforderliche Neulackierungen wurde stattdessen das altbekannte Design (blutorange mit drei dünnen Zierlinien) auf verkehrsrot umgestellt und auf nur noch eine Zierlinie vereinfacht.
Reisezugwagen: kurze Vorgeschichte
Bis 1987 wurden die Wagen mit RIC-Zulassung reinorange (RAL 2004) mit lichtgrauem (RAL 7035) Kontraststreifen lackiert (Eurofima-C1-Lackierung):
Die Inlandswagen erhielten die sogenannte Jaffa-Lackierung mit den Grundfarben blutorange (RAL 2002) und elfenbein (RAL 1014), Dach und Fahrwerk wurden zuletzt umbragrau (RAL 7022) lackiert.
Gepäck- und Postwagen wurden so wie die Reisezugwagen lackiert, Liegewagen ultramarinblau (RAL 5002) mit schmalen elfenbeinfarbenen (RAL 1014) Zierstreifen.
Das "Komforstufen-Design"
Jedoch waren die vielen Zierlinien beim Jaffa-Design aufwendig zu lackieren und das Reinorange beim C1-Design verwitterte sehr schnell und harmonierte nicht so recht mit dem Blutorange der anderen Fahrzeuge. Zur Modernisierung und Attraktivierung des Erscheinungsbildes wurde der Architekt Wolfgang Valousek, der zuvor schon ein paar Hochbauten (Stellwerke), Triebwagen und Bahndienstfahrzeuge gestaltet hatte, beauftragt, ein neues Design für die ÖBB-Fahrzeuge zu erarbeiten. Nach unzähligen Skizzen und einer Hand voll Farbversuchswagen (37-35 039, 21-70 043, 30-70 021) wurde das neue Farbkonzept ab 15.3.1987 angewendet. Anstelle der bisherigen Einteilung in RIC- und Inlandswagen wurden nun verschiedene sogenannte "Komfortstufen" definiert, nach denen sich die Farbgebung richtete.
Die Komfortstufe 1 (K1) umfasste die Salonwagen sowie die Wagen für den hochwertigen Fernverkehr (die UIC-Z-Wagen sowie die später beschafften druckertüchtigten Wagen und die Modularwagen). Dach, Fensterband und Schürze wurden umbragrau (RAL 7022), Seitenwand und Dachkante blutorange (RAL 2002) lackiert.
Die Komfortstufe 2 (K2) umfasste neben den Inlandswagen auch ältere RIC-Wagen wie z.B. die UIC-X-Wagen. Das Dach war umbragrau (RAL 7022), Fensterband und Schürze wurden blutorange (RAL 2002) und Seitenwand sowie Dachkante in elfenbein (RAL 1014) lackiert. Im Prinzip war das eine "entfeinerte" Version der Jaffa-Farbgebung; für die K2-Lackierung ist daher auch die Bezeichnung "Sparlack" gebräuchlich.
Der Komfortstufe 3 (K3) wurden die Liegewagen zugerechnet. Fensterband und Schürze wurden ultramarinblau (RAL 5002) lackiert, die restlichen Farben waren gleich wie bei der Komfortstufe 2.
(Foto: User quattro)
Die Komfortstufe 4 (K4) galt für Gepäckwagen. Wie bei der Komfortstufe 1 waren Dach, Fensterband und Schürze umbragrau (RAL 7022), Seitenwand und Dachkante waren jedoch elfenbein (RAL 1014) und nur die Gepäckraumtüren wurden blutorange (RAL 2002) lackiert.
(Foto: User quattro)
Die Post schloss sich dem neuen ÖBB-Farbschema ebenfalls an und lackierte ihre Wagen fortan in umbragrau (RAL 7022) und dahliengelb (RAL 1033).
Hinweis: Im Buch Reinthaler/Heless: Reisezugwagen österreichischer Eisenbahnen, Alba-Verlag 2006, wird konsequent der 15.3.1988 als Datum der Einführung des neuen Designs angeführt. Diese Angabe ist leider falsch (und wurde zigfach unhinterfragt abgeschrieben). Das richtige Datum ist der 15.3.1987, wie man z.B. in zeitgenössischen (1987 erschienenen) Zeitschriften nachlesen kann.
-- Fortsetzung folgt --