Hallo!
Im März/April 2013 unternahm ich eine sehr interessante Reise nach Kasachstan mit einem kleinen Abstecher nach Kirgistan. Wie bei meinen Reisen üblich, erfolgte auch die An- und Abreise mit der Eisenbahn.
Ich habe auf die Schnelle mit Hilfe von Google Maps eine kleine Karte über die Reiseroute erstellt. Sie entspricht natürlich nicht zu 100% der tatsächlichen Reiseroute, da sich die blaue Linie auf der Karte nach den Straßenverbindungen richtet. Als grobe Übersicht sollte es jedoch reichen. Während der dreiwöchigen Reise wurden etwa 13 000 km zurückgelegt.
Die Bilder erheben keinen besonderen fotografischen Anspruch, sie sind in erster Linie als Reiseerinnerung gedacht.
Viel Spaß beim Betrachten! Ich hoffe, dass die Berichte gefallen.
Los gehts mit Teil 1: Von Wien bis zur kasachischen Grenze
Um (mit dem Zug) von Wien nach Moskau zu gelangen, gibt es im Prinzip zwei Möglichkeiten: Einerseits gibt es die Route über Weißrussland (in der folgenden Karte rot eingezeichnet). Die direkten Schlafwagen Wien-Moskau nehmen diesen Weg. Es ist die schnellere der beiden Varianten, man fährt am Abend weg, durchquert am nächsten Tag im Wesentlichen Polen und Weißrussland und ist am übernächsten Tag in der Früh in der russischen Hauptstadt. Und andererseits gibt es die Route über die Ukraine (in der Karte blau eingezeichnet). Nachdem man für die Ukraine kein Visum benötigt, ist diese Variante einfacher und günstiger. Dafür dauert sie einen halben Tag länger und ist, da es über diese Route schon länger keine direkten Kurswagen mehr gibt, mit Umsteigen verbunden. (Mittlerweile ist die zweite Variante durch die Krise zwischen der Ukraine und Russland nicht mehr so einfach möglich wie noch 2013.)
(Quelle dieser Karte: http://www.europeanunionmaps.com/tag/europe-railway-map/)
Nachdem wir diesmal nicht in Zeitnot waren und die Variante über Weißrussland bereits von anderen Reisen kannten, entschieden wir uns für die für uns neue Route über die Ukraine. Am 22.3.13 um die Mittagszeit machten wir uns zunächst auf den Weg nach Bratislava.
Im dortigen Hauptbahnhof wurde gerade eine kleine Reparatur an einem RegioJet-Talent vorgenommen. Die Folien im unteren Bereich der Front dürften nicht sonderlich gut gehalten haben und gaben den Blick auf die alte Farbgebung, die der Triebwagen während seiner Ära bei der Prignitzer Eisenbahn trug, frei.
Mit dem Schnellzug 609 "Spišan" ging es dann Richtung Osten. Dieser Zug führte damals Kurswagen nach Kiew und Moskau mit; sie wurden in Košice von einem Regionalzug übernommen, der die Wagen mit Halt an wirklich jeder Milchkanne über die Grenze nach Tschop brachte. Dort wurden die Wagen umgespurt und dem Schnellzug Uschhorod – Moskau beigegeben.
Am nächsten Morgen wurden wir in der Ukraine von einer tief verschneiten Winterlandschaft wie im Märchen begrüßt. Bald trafen wir in Lemberg/Lwiw mit seinem wunderschönen Bahnhof ein.
Die Bahnsteighalle.
Mit dieser Gedenktafel:
In Lemberg treffen die beiden in der Ukraine (und auch in zahlreichen weiteren ehemaligen Sowjetstaaten) gebräuchlichen Stromsysteme aufeinander. Bislang wurde unser Zug von einer Gleichstromlok (3kV) gezogen.
Weiter ging es mit einer Lok der Baureihe ЧС8, die für 25kV/50Hz ausgelegt ist. Hinter der Lok erkennt man den blauen ukrainischen Kurswagen nach Kiev, dahinter die russischen Wagen nach Moskau. Der restliche Zug bestand aus russischen Großprofilwagen.
Während des Aufenthalts schaute ich mir die nähere Umgebung des Bahnhofs an. Der Bahnhof macht auch und gerade von außen einen sehr schönen und gepflegten Eindruck.
Am Bahnhofsplatz kamen mir ein paar Straßenbahn zu Gesicht. Aus Zeitmangel (ich wollte den Zug nicht verpassen) musste es leider bei den Fotos aus dieser nicht gerade optimalen Perspektive bleiben.
Bei der Ausfahrt aus Lemberg begegneten wir einer älteren Elektritschka…
…sowie Bahn-Arbeitern, die fleißig am "Entwintern" waren.
In Chmelnyzkyj gab es eine recht große Drehscheibe zum Drehen ganzer Wagen.
Am Abend erreichten wir Kiew. Mit dem winterlichen Wetter war man dort offenbar überfordert.
Nicht nur auf den Bahnsteigen, auch in unserem Zug hatte das Wetter Spuren hinterlassen. Aber nur auf den Plattformen, die Abteile waren – wie es sich für russische Züge im Winter gehört – völlig überheizt. So konnte man bei wohligen 30-35°C im T-Shirt die vorbeiziehende Winterlandschaft betrachten.
Am Vormittag des 24.3.13 erreichten wir den Kiewer Bahnhof in Moskau. Ich bin mir leider nicht mehr sicher, ob es sich bei dem abgebildeten Zug tatsächlich um unseren Zug handelte… Die Mischung aus Klein- und Großprofilschlafwagen würde jedoch dafür sprechen.
Die meisten Züge aus Mitteleuropa kommen in Moskau in der Früh an, die Züge Richtung Osten fahren oft am Abend ab. Somit hat man üblicherweise ein paar Stunden Zeit, um sich die Stadt anzuschauen. Einerseits langweilig, denn es war nicht unser erster Besuch in Moskau… Andererseits sind die Sehenswürdigkeiten schon beeindruckend. Vor allem bei so einem Traum-Winterwetter.
Ich wollte die Gelegenheit nützen und mir ein 2010 gekauftes und durch ein Missgeschick ruiniertes T-Shirt mit Moskau-spezifischem Aufdruck neu beschaffen. Bei meinen vorigen Besuchen hatte es im Zentrum der Stadt zahlreiche Straßenverkäufer gegeben, die für derartige Souvenirs eine gute Anlaufstelle gewesen waren. Doch bei diesem Besuch war es ihnen offenbar zu kalt… Statt Straßenhändlern gab es einen Konvoi mit Schneeräumfahrzeugen zu sehen.
Nachdem es doch sehr kalt war, verbrachten wir den Nachmittag und Abend in Einkaufszentren und Bahnhöfen. Am Leningrader Bahnhof hielt ich die Abfahrt eines leider unbekannt gebliebenen Schnellzuges mit dem Handy fest:
https://youtu.be/bz_bTYaID1Q
Schließlich begaben wir uns dann zum Kasaner Bahnhof zu unserem Zug Moskau – Astana – Karaganda, der uns die folgenden drei Tage beherbergte.
Dieser Zug benützte nicht die "klassische" heutige Transsib-Strecke über Nischni Nowgorod, Perm und Jekaterinburg, sondern die etwas südlichere ursprüngliche Transsib-Strecke über Samara, Ufa, Tscheljabinsk und Petropawlowsk.
(Quelle des Kartenausschnitts: http://www.lib.utexas.edu/maps/commonwealth/russia.94.jpg)
Das Bahnhofsgebäude in Samara ist relativ neu (2001) und angeblich das höchste Bahnhofsgebäude der Welt.
Typisch für russische Bahnhöfe ist so ein Bahnsteigkiosk – hier zufällig sogar farblich zu den kasachischen Wagen unseres Zuges passend.
Keine Ahnung, ob das ein Bauzug oder ein Schneeräumzug war. Jedenfalls ein skurriles Gefährt.
Und das war unser Zug.
Am nächsten Tag (26.3.13) war der Zug bereits in Tscheljabinsk. In Russland ist es üblich, dass die Lokomotive alle paar hundert Kilometer gewechselt wird. Es gibt zwar auch in Russland zwei verschiedene Bahnstromsysteme (3kV DC sowie 25kV/50Hz), aber das ist nicht immer der Grund – sowohl beim Foto aus Samara als auch bei diesem Foto hing eine Gleichstromlok am Zug.
Eine Besonderheit an der "alten" südlichen Transsib-Route ist der Bahnhof Petropawlowsk. Er liegt nämlich in Kasachstan. Alle Züge, die nicht über die aktuelle nördliche Transsib-Strecke sondern über die südliche alte Strecke nach Omsk (und weiter nach Osten) fahren, müssen auf einem ca. 180km langen Abschnitt durch Kasachstan fahren. Aus betrieblicher Sicht dürfte das allerdings kein Problem sein, da der gesamte Korridor inklusive des Bahnhofs Petropawlowsk von der russischen Eisenbahn betrieben wird. Erst ein paar Kilometer südlich dieses Bahnhofs beginnt das "Hoheitsgebiet" der kasachischen Eisenbahn.
Ob man als Fahrgast eines solchen Transitzuges irgendwas davon merkt, dass man Russland verlässt, weiß ich nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass die Grenzkontrollen nur am Bahnhof stattfinden (wenn man den Zug verlässt) und die Transitzüge gar nicht kontrolliert werden.
Uns betraf das allerdings nicht, denn wir wollten ja nach Kasachstan und unser Zug bog in Petropawlowsk Richtung Süden ab.
Wegen der Uhrzeit und der hohen Polizeipräsenz fotografierte ich erst in der kasachischen Hauptstadt Astana wieder. Die Fotos gibts dann im Teil 2 (folgt demnächst).
Kommentare, Fragen, Anregungen etc. sind natürlich gerne gesehen
lg 4010-freak