Dieser Tage jährt sich zum 10. Mal der Todestag von Erich Klein (+ 24.6.2011), dem Gründer der Fa. Kleinbahn. Grund genug, dem im Verborgenen Gebliebenen (es gibt praktisch keine Fotos von ihm) eine Hommage zu widmen.
Nachdem auch sein Geburtstag Anfang Juli zum 98. Mal zu feiern wäre, hätten wir auch einen zweiten Grund.
Und nicht zuletzt ist die Ende Juni nach 74 Jahren Geschäftstätigkeit geplante Geschäftsschließung von KLEINBAHN auch ein Grund, dem Pionier heimischen Modellbahnwesens einen Beitrag in quasi "seinem" Forum (wenn man nach den Ursprüngen hier geht) zu widmen.
Die offizielle Firmengeschichte vermeldet am Beginn stolz: „Bereits 1947 im Rahmen der Wiener Herbstmesse präsentierte Ing. Erich Klein sein erstes Modellbahnprogramm.“
Nach den entbehrungsreichen Kriegsjahren war 1947 trotz Besatzung durch die Siegermächte etwas Normalität eingekehrt, auch wenn Mangel an vielen Dingen an der Tagesordnung war. Man konnte sich was „leisten“.
Der – wie unser KLEINBAHN-Chronist Johannes Reittinger schreibt – bei Schrack ausgebildete Spielzeugtechniker startete auf Anregung des prominenten Spielwarenhändlers Carl Hilpert (gleich neben dem Stephansdom mit seinem Geschäft bis vor wenigen Jahren Ort unserer „Begierde“) den Bau von Modellbahn-Fahrzeugen. Vater Oskar war Abteilungsleiter für den Bereich Metall im Arbeitsamt, was die Berufswahl erklären ließe. Schließlich war das Spielzeug zur damaligen Zeit größtenteils aus Blech.
Wie dem auch immer: Der 24jährige Erich Klein (er war aus russischer Kriegsgefangenschaft erfolgreich geflohen) ist voller Tatendrang, schließlich finden sich im Wiener Kurier 1947 drei Inserate:
Die primitive Produktion startete vorerst am Währinger Gürtel und in der Börsegasse/Schottenring, dort wo im KLEINBAHN-Ur-Geschäft zuletzt in einem letzten Aufflackern 2011 ein „Flagship-Store“ eröffnet wurde, der am 24.9.2018 bald wieder seine Pforten schloss. Für viele KLEINBAHN-Fans der Anfang vom Ende. Keine Filiale am Schottenring mehr!
Kunststoff als neues Produkt interessierte den jungen Unternehmer. Ab 1950 wurden vorerst wie im Bleigussverfahren mehr oder weniger archaisch die ersten Kunststoffmodelle gefertigt: Tender für Lokomotiven, dann Waggons, die ja zuvor aus Holzaufbauten mit bedruckten Papier bestanden.
Dazu musste sich der Innovator über ERP-Mittel Kunststoffe aus Amerika besorgen, wie in der Zeitung öffentlich berichtet wird:
Mittlerweile fanden sich Produktionsräume in der Gatterburggasse und in der Probusgasse – alle Standorte befanden sich im amerikanischen Sektor der Stadt. Der Standort Schottenring war in der interallierten Zone des 1. Bezirks („Die Vier im Jeep“). Absicht? Die Familie Klein war jedenfalls bis zuletzt bekannt dafür, dass im Fabrikshof große PS-starke „Amerikaner“ standen.
1955 erhielt Österreich den Staatsvertrag und mit dem Standort Gatterederstraße im 23. Bezirk Liesing konnte ein Standort in der ehemaligen sowjetischen Zone bezogen werden. Dieser Standort ist mittlerweile der letzte des einstigen Spielwaren-Imperiums KLEINBAHN.
Seit dem Gründungsjahr hat sich nicht viel verändert...
Schon 1951 wurde die Marke KLEINBAHN geschützt, 1952 trat der ältere Bruder Oskar (*1921) in die nunmehr zu KLEINBAHN Mechanische Werkstätte, Spielwarenerzeugung, Brüder KLEIN OHG benannte Firma ein.
1951 kamen die weißen Kunststoffschienen auf den Markt. Übrigens war KLEINBAHN jenes Unternehmen, das als erstes ein echtes Zweileiter-DC-Schienensystem (also ohne Mittelleiter wie Trix, das Vorbild der ersten Stunde) auf den Markt brachte. sehr vorbildgerecht, dafür aber der Krampf mit Kehrschleifen, was neidvolle Blicke zu den Märklin-Freunden brachte.
1955 war wohl auch wegen des Staatsvertrages und der Handlungssicherheit ein echtes Boom-Jahr: Am 1. Dezember, so vermeldet die Firmenchronik, war KLEINBAHN ausverkauft! Ich selbst erinnere mich noch an die Schlangen vor dem Geschäft in der Kirchengasse.
Apropos Geschäft: Hat man vorerst noch mit Händlern zusammengearbeitet, war mit dem Aufbau des eigenen, österreichweiten und späteren schweizer Filialnetzes ab 1955 damit Schluss. Auch hier mag wohl der Wegfall der Besatzungszonen mit der damit verbundenen neuen Handlungssicherheit ein Beweggrund gewesen sein. Und die Familie war geschäftstüchtig: Man wollte den Händlern keine Händlerspanne gönnen, die hat man lieber selbst lukriert!
Kostete die Anfangsgarnitur zu Jahresbeginn 1955 noch 295 Schilling, gab man es ab Sommer deutlich billiger: 195 Schilling, in etwa der Wochenlohn eines Arbeiters!
Gratis abgegebene Kataloge und Preislisten (in der eigenen Hausdruckerei erstellt) sorgten für immer steigende Umsatzerfolge (auch in der Schweiz und in Holland).
Technisch ging es auch bahnbrechend voran:
1957 das Kunststoff-Schwellenband „Modellgleis“ (bis heute)
1959 komplett neu konstruierte Personenwagen mit Inneneinrichtung
1966 eingesetzte Eckfenster
1967 Dampflok D52 mit freiem Kesseldurchblick
1972 Drehscheibe mit nur 10mm Einbauhöhe
Doch die Innovationen blieben irgendwann einmal stecken. Etablierte heimische Anbieter wie Liliput einerseits und neue Anbieter wie beispielsweise Roco Salzburg brachten für den heimischen Markt teilweise lang ersehnte, teilweise deutlich detailliertere Modelle auf den Markt. Vorbildgerechteres Fahren (Kurzkupplung) und verbesserte Gleissysteme (die Bogenweiche kam bei Kleinbahn sehr spät, echtes Flexgleis und größere Radien waren nie erfüllte Wünsche) waren in der KLEINBAHN Produktpolitik kein Thema.
Zwischen den beiden Brüdern Erich und Oskar stimmte bezüglich der Firmenpolitik letztlich die Chemie nicht mehr, 1984 kam es zur Trennung und KLEINBAHN wurde wieder zur Einzelfirma wie in den Gründungstagen und mit der Politik des Gründers. Es war aber auch die Geburtsstunde von KLEIN Modellbahn. Getrennt wurde auch das Firmenareal, dessen Teil nach dem Konkurs von KLEIN Modellbahn als lukrative Immobilie durch die Bank verhökert wurde und als LO.K Luxus-Lofts angeboten wurden.
2007 wurde das Firmenjubiläum 60 Jahre KLEINBAHN gefeiert. Für uns Kunden ein erfreuliches Ereignis, wurde doch an den Jubiläumstagen „Halbpreis“ für jeweils ein Stück pro Tag/Kunde ausgerufen (ich musste einfach mehrfach in die Gatterederstraße pilgern).
Der Patriarch Ing. Erich Klein übergab mit 84 Jahren das Steuer an die Tochter Angelika Pfneisl ab. Enkelsohn Matthias gestaltete einen komplett neuen Katalog. Es schien, als würde sich was rühren – waren doch seit Mitte der 1990er praktisch keine Neuheiten mehr entstanden, wenn man von den bekannten Fahrzeugen aus neuen Formen absieht. Die letzte Neuheit war das eher ungewöhnliche Zwergsignal. Die digitale Welt wurde offenbar mehr durch Zwang seitens des Marktes erst ab 2010 eher halbherzig verwirklicht.
Die öffentliche Ehrung ob der Verdienste um das „Spielzeug der Republik KLEINBAHN“ erntete Tochter Angelika mit der Verleihung des Goldenen Verdienstzeichens der Republik Österreich im Jahr 2013 und mit der Verleihung des Titels Kommerzialrätin 2014 – der öffentlichkeitsscheue Ing. Erich Klein (bislang habe ich kein Foto von ihm gefunden) hat die Ehrung der Tochter (die wohl eher dem Vater gebührte) nicht mehr erlebt. Sein Konkurrent Bücherl von Liliput war schon längst als Kommerzialrat geehrt – wollte Erich Klein vielleicht gar nicht geehrt werden?
2015 übernahm der Enkel des Gründers, Matthias das Firmenruder in die Hand, um in der dritten Generation das Ende des einstigen Leuchtturm-Betriebes einzuleiten.
Dem genialen Firmengründer möchte ich mit meiner Hommage an dieser Stelle meinen Dank abstatten – seine Produkte begleiten mich praktisch sieben Jahrzehnte bis heute. Und bis auf Kleinigkeiten funktionieren sie auch noch heute!
Ein sentimentales Kerzerl habe ich am Maurer Friedhof angezündet.
... die millionenfach erzeugte D100 macht mit dem (fiktiven) 74 Jahre KLEINBAHN Jubiläumswagen ihre Abschiedsrunde ... und verschwindet im Dunklen