Roco CityShuttle: Umbau auf korrekte Inneneinrichtung
Einleitung
Mitte der 90er-Jahre wurden die im ÖBB-Nahverkehr eingesetzten Wagen aufgrund ihrer Innengestaltung im Stil der 70er-Jahre oft als altmodisch wahrgenommen. Das gänzliche Fehlen von Steuerwagen (damals konnten nur die Triebwagen als Wendezüge eingesetzt werden) bereitete bei der zunehmend unter wirtschaftlichem Druck stehenden Bahn immer mehr Kopfzerbrechen.
Daher wurden ab 1995 die erst 1980-1989 gebauten und ursprünglich hauptsächlich für den nationalen Fernverkehr vorgesehenen Inlandswagen (auch als "lange Schlieren" bekannt) einem groß angelegten Modernisierungsprogramm unterzogen. Um Wendezüge formieren zu können, wurden 152 der über 700 Wagen aufwendig zu Steuerwagen umgebaut; die restlichen Wagen erhielten eine Steuerleitung. Da das vorgesehene neue Innen- und Außendesign noch nicht fertig entwickelt war, wurden die ersten umgebauten Fahrzeuge zunächst in einer leicht angepassten Variante des Sparlack-Designs lackiert und blieben innen noch unverändert. Bald wurde die Lackierung auf das bekannte Schrägdesign geändert, nach Überwindung der anfänglichen Lieferschwierigkeiten mit den neuen Einrichtungsteilen erfasste die Modernisierung ab 1997/98 auch die Innenräume, die praktisch neu gebaut und dem damaligen Zeitgeist entsprechend gestaltet wurden. Die innen und außen umgestalteten Wendezüge wurden unter der Bezeichnung CityShuttle vermarktet und fanden nach einigen Anfangsschwierigkeiten sehr rasch Verbreitung – innerhalb weniger Jahre waren sie flächendeckend in ganz Österreich anzutreffen.
Der kurzen Rede langer Sinn: Seit mittlerweile über zwei Jahrzehnten prägen die CityShuttle-Wagen das Bild des Nahverkehrs auf Österreichs Schienen entscheidend mit. Auch wenn ihr Stern inzwischen durch die Lieferung neuer Cityjet-Triebzüge am Sinken ist, werden sie auch in den kommenden Jahren noch unverzichtbarer Bestandteil des ÖBB-Nahverkehrs sein.
Modelle dieser Wagen gibt es im Programm von Roco – allerdings mit einem kleinen Schönheitsfehler: Man hat sich leider bis heute nicht dazu durchgerungen, den Wagen eine neue, vorbildgerechte Inneneinrichtung zu verpassen, es wird der Bauzustand vor der Modernisierung wiedergegeben. Wegen der seit dem Umbau nicht mehr mit dem Fensterteiler harmonierenden Bestuhlung fällt das leider auch von außen und ohne Innenbeleuchtung unangenehm auf. Nachdem nicht mehr zu erwarten ist, dass die Einrichtung bei künftigen Auflagen angepasst wird, habe ich mich an einen Umbau gewagt.
Teil 1: Die "normalen" Wendezugzwischenwagen Bmpz-l 21-73
Die weit über 700 Inlandswagen wurden in verschiedenen Varianten gebaut (Sitzwagen beider Klassen, Halbgepäckwagen, Speisewagen, …). Die mit Abstand zahlreichste Variante stellten die Großraumwagen 2. Klasse (Bmpz 20-75) dar. Die meisten davon wurden im Rahmen des Wendezug-Umbauprogramms zu Bmpz-l 21-73 umgebaut. Die neuen Sitze wurden mit wenig Rücksicht auf den Fensterteiler teils als Reihenbestuhlung, teils in klassischen Vierergruppen angeordnet. So konnten in den Wagen auf die gleiche Länge zwei Sitzreihen mehr untergebracht werden (22 statt zuvor 20). Zu einer Erhöhung der Sitzplatzzahl hat das aber nicht geführt – neben den Türen zu den Plattformen befinden sich nun nämlich im Gegensatz zu vorher Einzelsitze.
So sahen die Bmpz 20-75 vor dem Umbau aus: Klick
Nach dem Umbau und als Bmpz-l 21-73 bezeichnet schauen sie nun so aus: Klick
Beim Roco-Modell wurden zwar die äußerlichen Unterschiede (Entfernung eines Plattform- bzw. WC-Fensters) berücksichtigt, aber das Innenleben stellt eindeutig einen 20-75 dar - darüber können auch die schwarzen Sitze und die grauen Wände nicht hinwegtäuschen.
Die Unterschiede zwischen der Einrichtung eines 20-75 und eines 21-73 sind zu groß, um mit der gezeigten Einrichtung irgendwas anfangen zu können. Also entstanden die neuen Einrichtungen weitgehend im Eigenbau. Bodenplatte, Zwischenwände, WC-Kojen und so weiter wurden aus Polystyrolplatten unterschiedlicher Dicke zurechtgeschnitzt – hier die Wände zwischen Plattform und Fahrgastraum mit den charakteristischen elektrischen Türen in unterschiedlichen Entwicklungsstadien.
Lediglich die Sitze konnte ich weiterverwenden und selbst die wurden mit Trennscheibe, Messer und Feile bearbeitet. Einerseits ist wegen der neuen Sitzanordnung das alte Befestigungssystem mit Löchern in der Bodenplatte und Rastnasen an den Sitzen obsolet, andererseits werden aus dem selben Grund deutlich mehr Doppelsitze und ein paar Einzelsitze benötigt, dafür weniger Vierersitze. Nachdem die Gesamtzahl an Sitzplätzen bei den Vorbildern gleich blieb, musste ich für die neue Einrichtung immerhin keine anderen Wagen ausschlachten.
Ich habe mehrere Wagen auf einmal umgebaut – da kam schon eine ganz schöne Menge an Sitzen zusammen…
Der wahrscheinlich aufwendigste Teil der ganzen Angelegenheit: Die farbliche Gestaltung. Beim Vorbild wurden die Sitze zunächst mit einem blaustichig-grauen Stoff bezogen, später wurde ein freundlicheres kräftiges Blau verwendet. Ich habe beide Varianten mit bis zu 8 Farbaufträgen pro Sitz nachgebildet.
Anschließend wurden die über 130 Einzelteile zu einer neuen Einrichtung zusammengesetzt. (Oben zum besseren Vergleich noch einmal das Bild der ursprünglichen Einrichtung.)
(Bild lässt sich durch Anklicken vergrößern)
Die charakteristische Mischung aus Reihenbestuhlung und klassischer vis-a-vis-Anordnung im Detail.
Anschließend wurden die Wagen noch mit Fahrgästen bestückt.
Irgendjemand hat beim Aussteigen "vergessen", seinen Mist wegzuräumen.
Wer mit diesen Wagen öfters unterwegs ist, kennt sicherlich die Störanfälligkeit der elektrisch angetriebenen Schiebetüren. Türen mit defektem Antrieb, die im halboffenen Zustand verharren, sind alles andere als außergewöhnlich.
Damit die neue Inneneinrichtung auch zur Geltung kommt, habe ich den Wagen zu guter Letzt noch eine Beleuchtung spendiert.
Mit blauen Sitzen:
Mit grauen Sitzen:
(die beiden Bilder lassen sich durch Anklicken vergrößern)
Ich bin mit dem Resultat ganz zufrieden. Endlich ein CityShuttle-Wagen, bei dem man auch durch die Fenster etwas genauer schauen darf