Servus Forumskollegen,
heute melde ich mich mit meinem ersten Fahrzeugumbau seit über 3 Jahrzehnten Modellbahnabstinenz und bin schon sehr gespannt auf Euere Kommentare. Bitte bedenkt jedoch, dass mir vieles an Erfahrung fehlt bzw. in diesen Jahren wieder abhanden gekommen ist. Ausserdem sehe ich alter Sack immer schlechter und die Künstlerfinger haben ihre besten Tage auch schon lange hinter sich.
Hier geht es mit dem ersten Kapitel los:
Die Idee
Als Generaldirektor des Kagraner Eisenbahnmuseums bin ich mit dem Vorhaben angetreten, neben der vorhandenen Epoche I Sammlung auch eine Museumsbahn mit Fahrzeugen der Epoche III in Normal- und Schmalspur ins Leben zu rufen. Einige Epoche III Triebfahrzeuge waren schon vorhanden und es wurden Fühler ausgestreckt, um die ÖBB Baureihe 77 auch in den Bestand zu bekommen. So ergab es sich Anfang des Jahres, dass die Lokalbahn Retz-Drosendorf von Trapeztafel-Rene freundlicherweise eine übrige 77 an das Museum Kagran abgetreten hat.
Kurz darauf kam es in einer Sitzung der Museumsleitung mit den beauftragten Vermessungsingenieuren zum Eklat: Der Bau einer Strecke in Normalspur wurde von den Fachleuten als unmöglich beurteilt und die von mir höchstpersönlich erstellten Streckenvorschläge allesamt als "alkohlgeschwängerte Phantastereien eines praxisfremden Schreibtischtäters" apostrophiert und vor meinen Augen nicht nur in der Luft zerrissen. Zumindest das Projekt Schmalspurbahn kann in naher Zukunft realisiert werden - no wenigsten etwas.
Was aber nun mit der der Direktion ans Herz gewachsenen 77er machen? An eine andere Museumsbahn weiterverkaufen? Es folgte eine lange Nachdenkphase mit viel Grünem Veltliner, Gemischtem Satz und auch einigen Singlemalts. Da kam eines Tages eine leise Stimme aus einer dunklen Ecke kam plötzlich mit dem Vorschlag: "Bau mas in die Ursprungsversion z'ruck und stö mas ins Museum zu die aundan Epoche aans Trümma, a Tenderlok tat uns eh no föön". Sofort brach ein Tumult los, Rufe wie "Bist deppat, wer soi denn des mochn?" waren noch die harmlosen, die meisten davon eignen sich nicht für die Veröffentlichung - das ist ja schliesslich ein seriöses Forum. Doch die Direktion sprach ein Machtwort: "Genau so machen wir es" und ab diesem Zeitpunkt hatte ich den sprichwörtlichen "Scherm" auf.
Der Umbau, Teil 1
Nur vom Nachdenken alleine baut sich keine Lok um und so begann ich mit den einfachen Übungen: in Strasshof die 629.01 fotografieren (leider stand sie damals in der hintersten Ecke - eh kloa), bei der Firma Reitz den Katalog und die benötigten Teile bestellen (übrigens eine tolle Firma, superschnelle Lieferung und ein riesig netter Schriftverkehr mit Herrn Reitz). Von Roco mussten die Vorlaufräder der 310 her und ein bisschen gab die berühmte Bastelkiste auch noch her, die wunderbare Beschriftung lieferte Forumskollege Bf. Authal.
Ich begann mit dem Austausch der Räder auf Vorlaufgestell und Nachlaufachse, was mir trotz fehlendem Equipment ganz gut gelang. Die Räder laufen taumelfrei und den Innenabstand nach NEM habe ich auch getroffen. Der optische Effekt der schönen und größeren Räder ist bemerkenswert.
Das nächste Projekt war dann die Bestückung der Pufferbrüste mit den Reitz - Teilen, das ging überraschenderweise ohne Probleme und Unfälle vonstatten, die Kupplungen sind übrigens von Railboys, die Rangiergriffe sind selbst angefertigt.
An der vorderen Pufferbrust war einiges mehr zu tun. So sind die Laternenhalterungen aus Reitz - Teilen und Evergreen Profilen selbst gepfrimelt, ich denke, das Vorbild wurde einigermaßen getroffen, die Laternen sind übrigens auch von Roco (Bastelkiste).
Dann wartete der Langkessel auf seine Verschönerung. Ich hatte unheimlichen Bammel vor dem Entfernen der angespritzten Leitungen, glücklicherweise konnte ich an einem alten Kleinbahngehäuse etwas üben und dann ging es mit scharfem Skalpell und viiiiel Vor- und Umsicht zur Sache. Dann den Kessel behutsam geschliffen (Kosmetik - Nagelfeilen in verschiedenen Körnungen, meine Frau sucht sie gerade ...) und dann ging es an die Montage der Teile.
Zuerst den Haltegriff über der Rauchkammertür eingesetzt, die Halterung für das Spitzenlicht ist nicht ganz vorbildgerecht, aber damit kann ich leben. Der Verschluss für die Rauchkammer war eine leichte Übung, ob ich die angespritzten Vorreiber gegen solche aus Messing ersetze überlege ich noch.
Dann kamen die Waschluken dran, etwas kleiner vorgebohrt und dann mit der Rundfeile Zehntel für Zehntel aufgeweitet bis die Messingteile satt gepasst haben. Luftpumpe und Generator waren auch schnell dran und dann kamen die Rohre an die Reihe. Während der Rohrleitungsarbeiten las ich hier den Tipp von Lokschnitzer mit Kupferdraht zu arbeiten. Für mich ein paar Tage zu spät, ich mühte mich mit dem widerspenstigen Messingdraht ab. Erst bei den dünnen Leitungen von der Pumpe konnte ich auf Kupfer zurückgreifen.
Bei der Verrohrung habe ich sicher nicht alles richtig gemacht, mein Fachwissen reicht da nicht und Fotos habe ich trotz allem noch zu wenige und keines von oben. Dass ich mit Kompromissen leben muss war mir aber von Anfang an klar, so lange ich keine Riesenschnitzer verbrochen habe kann ich damit leben und mich an dem Modell erfreuen.
Das wars einmal für heute, Fortsetzung folgt natürlich so bald am Führerhaus wieder etwas herzeigbares weitergegangen ist. In diesem Sinne: keep modelling und ein schönes Wochenende.