Hallo!
Vor ziemlich genau drei Jahren, also im Spätsommer des Jahres 2014, bereiste ich den Kosovo. Die dortige Eisenbahn zog mich vor allem wegen des interessanten Fahrzeugmaterials an: Einerseits gibt es dort immer noch NOHAB-Loks, andererseits ist auch die Personenwagenflotte interessant, die neben ein paar aus Schweden übernommenen Wagen auch aus ehemaligen ÖBB-Schlierenwagen besteht.
Der Reisebericht gliedert sich in zwei Teile; der erste Teil beginnt mit ein paar allgemeinen Informationen zur Eisenbahn im Kosovo und behandelt etwa die Hälfte der Reise. Der zweite Teil ist noch in Arbeit und folgt in ein paar Tagen.
Anzumerken ist noch, dass die Bilder keinen besonderen fotografischen Anspruch erheben – sie sind in erster Linie als Reiseerinnerung gedacht. Ich hoffe, dass der Bericht trotzdem einigermaßen gefällt.
Das kosovarische Eisenbahnnetz besteht im Prinzip aus einer Nord-Süd-Magistrale von Kraljevo (Serbien) über Mitrovica und Fushë Kosovë/Kosovo Polje nach Skopje (Mazedonien), andererseits aus einer Ost-West-Verbindung von Niš (Serbien) über die Hauptstadt Prishtinë/Priština und Fushë Kosovë/Kosovo Polje nach Pejë/Peć mit einer Abzweigung nach Prizren.
Quelle: Wikipedia
Eine Karte, auf der auch die Strecken in Serbien dargestellt sind, gibt es z.B. hier: Klick
Die Nord-Süd-Magistrale war einst durchaus bedeutungsvoll, so befuhr etwa der Schnellzug "Akropolis" von München nach Athen diese Strecke.
Während des Kosovokrieges (1998-99) wurde ein großer Teil des sich im Kosovo befindlichen Fuhrparks von der JŽ nach Serbien "evakuiert". Die Strecken wurden als strategisch wichtig eingestuft und waren Ziel für Luftangriffe, was naturgemäß zu massiven Schäden an der Infrastruktur führte. Nach dem Einmarsch der von der NATO aufgestellten Kosovo-Schutztruppe KFOR wurde ab Mitte 1999 mit dem Wiederaufbau begonnen, da die Eisenbahn als wichtiger Transportweg für Hilfsgüter und militärische Transporte eingestuft wurde. Ab Dezember 1999 wurden die KFOR-Züge zur kostenlosen Nutzung durch Zivilisten freigegeben. Bis Februar 2000 wurde das gesamte Streckennetz wieder instandgesetzt; einzige Ausnahme war die Strecke von Prishtinë/Priština Richtung Niš, da der Grenztunnel zu Serbien nach NATO-Bombardierungen teilweise verschüttet war. 2001 wurde der Eisenbahnbetrieb von der UNMIK (von der UN aufgestellte Interimsverwaltung des Kosovo) übernommen und dann nach und nach an die neu gegründete kosovarische Eisenbahn (Hekurudhat e Kosovës/Kosovske Železnice) übergeben.
Auf der Nord-Süd-Magistrale wurden sogenannte Freedom-of-Movement-Züge eingeführt, die sicherstellen sollten, dass Kosovo-Serben unbehelligt ins serbische Kernland und zurück reisen können. Sie fuhren von Prishtinë/Priština über Mitrovica zum kosovarisch-serbischen Grenzbahnhof Lešak; dort musste in serbische Züge umgestiegen werden. Nachdem die Regierung des Kosovo am 17. Februar 2008 die Unabhängigkeit von Serbien erklärt hatte (was von Serbien bis heute nicht anerkannt wird), blockierten die ethnisch serbischen Eisenbahner im mehrheitlich serbisch bewohnten Norden des Kosovo die Strecke bei Mitrovica (der Stadt, die die Grenze zwischen mehrheitlich serbischer und mehrheitlich albanischer Bevölkerung darstellt). Die serbische Eisenbahn (ŽS) als unmittelbarere Nachfolgerin der JŽ übernahm daraufhin die Kontrolle über "ihre" Infrastruktur, seither fahren serbische Züge von Kraljevo direkt nach Mitrovica. Die "Friedenszüge" und damit der Personenverkehr zwischen Fushë Kosovë/Kosovo Polje und Mitrovica waren damit Geschichte. Von südlicher Richtung wird Mitrovica nur noch gelegentlich von Militärtransporten der KFOR erreicht.
Auch die Stichstrecke Klinë – Prizren wurde zwischenzeitlich aus wirtschaftlichen Gründen wieder eingestellt, es findet nur noch Güterverkehr statt (und auch nicht auf der Gesamtstrecke sonder nur bis Xërxë/Zrze). Personenverkehr der kosovarischen Eisenbahn gibt es noch auf den Strecken von der Hauptstadt nach Pejë/Peć sowie zur mazedonischen Grenze (teilweise mit Anschlüssen nach Skopje).
Nach dem Krieg wurden von Norwegen, Schweden, Italien, Frankreich und Deutschland diverse Loks und Triebwagen zur Verfügung gestellt, die gemeinsam mit einigen im Kosovo verbliebenen jugoslawischen Loks und Personenwagen den Nachkriegs-Verkehr bewältigten. Eine der ursprünglich vier ehemals norwegischen NOHAB-Loks ist bis heute im Einsatz, bei meinem Besuch im August 2014 waren es noch drei. Im März 2004 wurden aus Schweden ausgemusterte B1-Wagen übernommen, die die JŽ-Wagen ersetzten. 2009 gesellten sich noch sieben ÖBB-Schlierenwagen dazu, 2011 weitere drei, die aber nur noch als Ersatzteilspender dienten. Im Mai 2017 trafen die ersten von der DB übernommenen und modernisierten n-Wagen (Silberlinge) ein, sodass die schwedischen und österreichischen Wagen vermutlich bald Geschichte sein werden.
Einen schweren Rückschlag gab es leider diesen Sommer: Nachdem es momentan im Kosovo keine Regierung gibt, fließt seit einigen Monaten kein Geld mehr an die Eisenbahn. Eine Zeit lang wurde der Betrieb noch durch eigene Finanzmittel gestemmt, aber seit Anfang August ruht der gesamte Personenverkehr mit Ausnahme des "durchgehenden" Zuges nach Skopje (Mazedonien). Es ist aber immerhin anzunehmen, dass mit dem Zustandekommen einer neuen Regierung auch der Personenverkehr wieder aufgenommen wird – ansonsten hätte man ja kaum in "neue" Personenwagen investiert.
(Quellen zu den obigen Angaben waren die sehr umfangreiche "Fanseite" der Eisenbahn im Kosovo, https://www.kleinbahnsammler.at/www.kosrail.de, diverse Wikipedia-Artikel (vor allem der namens "Trainkos") sowie einige DSO-Berichte.)
Und nachdem ich beim Posten die Fehlermeldung bekam, dass Beiträge maximal 10 000 Zeichen haben dürfen, muss ich den Bericht an dieser Stelle unterbrechen und in einem weiteren Posting fortsetzen